Die im alten Ägypten am weitesten verbreitete Schöpfungsgeschichte ist das Auftauchen des Urhügels aus dem Urwasser. Bevor noch irgendetwas entstanden war, existierte der Urozean Nun. Er entstand in der grauer Vorzeit und galt anfangs als träges Gewässer, das die Erde umgibt und auch unter ihr flutet. Es erstreckte sich „zwischen Himmel und Gegenhimmel“ (Lepsius) und auf ihm schwimmend die Scheibe der Erde.
Nun
Zuerst war das Nun nur ein reines kosmisches Element, wurde aber später mit einem Gott Nun gleichgesetzt, der mit seiner Frau Naunet das erste Paar bildete. Er war „der Alte“, „der Vater der Götter“. Er existierte noch vor dem Weltenschöpfer. Nun galt als „kosmischer Gott“, ein eigenständiger Kult für ihn hat sich nie entwickelt. Sein Abbild ist menschengestaltig, hat allerdings ab und an einen Froschkopf, der ihn als einen Gott der „hermopolitanischen Achtheit“ ausweist.
Froschgötter und Schlangengötter
In der Stadt des Mondgottes Thoth entstand die Lehre von der „Achtheit“. Aus der „Flammeninsel“ im „Meer der Messer“ tauchten vier Götterpaare auf. Die männlichen trugen Froschköpfe, die weiblichen Schlangenköpfe. Sie verkörperten die Elemente des Chaos: Nun und Naunet – das Urwasser; Huh und Hauhet- der unendliche Raum; Kuk und Kauket – die Finsternis; Amun und Amaunet – das Verborgene.
Religiöse Zentren
Ein wichtiges Zentrum war die alte Stadt Heliopolis. Der Legende nach tauchte der Gott Atum aus dem brodelnden Urozean auf. Um stehen zu können erschuf er einen Hügel, auf dem später der Tempel von Heliopolis errichtet werden sollte.
Er befruchtete sich selbst und erschuf die Götter. Das erste so erschaffene Götterpaar war Schu und Tefnut, Luft und Feuchtigkeit. Diese zeugten Geb und Nut, Gott der Erde und Göttin des Himmelsgewölbes. Geb und Nut wiederum zeugten Osiris, Isis, Seth und Nephthys. Zusammen bildeten sie die „Neunheit von Heliopolis“.
Memphis
In Memphis, einem weiteren religiösen Zentrum, wurde der chthonische Urgott Tatenen verehrt. Sein Name bedeutet „das erhobene Land“. Er war der „Urgrund allen Seins“. Er galt in Memphis als „Vater der Achtheit“, wohl um seine religiöse Bedeutung zu untermauern und eine Gleichsetzung mit Amun herbeizuführen. Er wurde auch als Herr der Zeit betrachtet.
Tempel und Thron
Der Tempel war ein Symbol des Urhügels. In ihm wiederholte sich jeden Tag aufs Neue die Weltschöpfung. Man findet oft archäologische Nachweise für Sandaufschüttungen, auf die dann ein Tempel gebaut wurde. In diesem war die Kammer des Allerheiligsten ebenfalls höher als die anderen Räume.
Der König wiederum war der Vertreter Gottes auf Erden. Zu diesem Zweck bestieg er einen stilisierten Urhügel, wie der Weltenschöpfer selbst. Als Hügel diente meist ein Sockel mit Treppe, auf dem ein Thron stand. Durch das Hinaufsteigen und Niedersetzen wurde der Schöpfungsakt symbolisch wiederholt.
Quellen:
GOTTSCHALK, HERBERT, Sonnengötter und Vampiere, Safari Verlag, Berlin 1978.
BONNET, HANS, Lexikon der ägyptischen Religionsgeschichte, Nikol Verlag 2000.
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