Die Quellen des Totenbuches gehen zurück bis ins Alte Reich, wo in Form der Pyramidentexte altes Weisheitsgut zum ersten Mal in schriftlicher Form festgehalten wurde. Die weitere Entwicklung führt dann zu den Sargtexten und geht dann über ins Totenbuch des Neuen Reiches und der Spätzeit. Mit den "Büchern vom Atmen" aus der ptolemäisch-römischen Zeit findet die literarische Ausgestaltung von altägyptischen Glaubensvorstellungen schließlich ihren Abschluss.
Wandel
Ein für das Totenbuch bedeutender Einschnitt ereignet sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts v. Chr. (19. Dynastie) unter König Sethos II. durch den Wandel im Grundriss der Pyramiden und das Entstehen neuer Kunstformen.
Es findet ein Wechsel statt von den Regionen der "unvergänglichen" Zirkumpolarsterne, die den Jenseitsglauben der Pyramidentexte des Alten Reichs bestimmt hatten hin zu den Tiefen der Unterwelt, in die die Gestirne hinabsteigen.
Form und Inhalt
Die Sprüche kreisen um das Dasein in der Unterwelt. Manche der Sargtexte erhalten zu dieser Zeit die Form, in der sie uns später im Totenbuch entgegentreten. Fast alle Sprüche, die aus den Pyramidentexten in die Sargtexte eingeflossen sind, werden ausgeschieden. In dieser Zeit (Mitte 12. Dynastie) beginnt die Herausbildung eines neuen Spruch-Corpus. Vereinzelt finden sich Sprüche, die später dann im Totenbuch zu finden sind.
Mit der architektonischen Neugestaltung des Königsgrabes und seiner Dekoration zu Beginn des Neuen Reiches erhält auch das Totenbuch seine für lange Zeit verbindliche Form.
Königin Hatschepsut kommt dabei vermutlich große Bedeutung zu. Im Grabe ihres Ministers Senenmut unter dem Tempel des Vorhofes von Deir el-Bahari finden sich zahlreiche Totenbuchsprüche mit Illustrationen, kombiniert mit Pyramidensprüchen und einer astronomischen Decke.
Weitere Totenbuchexemplare treten auf in Grabkammern und als Handschriften auf Leinen, Leder und Papyrus. Die Verbreitung von Papyrus nimmt in der späteren 18. Dynastie zu, doch einzelne Sprüche finden sich auch noch auf Grabwänden, Särgen und Teilen der Grabausstattung, selten auch auf Ostraka.
Die ersten Totenbuch-Papyri umfassten lediglich wenige Kapitel und Vignetten. Im Laufe des Neuen Reiches nahm der Umfang allerdings ständig zu und Illustrationen wurden wichtiger. In der 3. Zwischenzeit bestanden viele Papyri fast nur noch aus ihnen.
Verbreitung
Durch die Umstellung des Schriftträgers auf Papyrus erfuhr das Totenbuch auch eine viel größere Verbreitung und Bedeutung. Die Beschriftung von Pyramiden und Särgen war nur einer verhältnismäßig kleinen Schicht möglich, während die Anschaffung einer Papyrusrolle aus ökonomischen Gründen einer weitaus breiteren Menge möglich war.
Totenbuchtexte auf Papyrusrollen sind nun die am weitesten verbreiteten Textträger, aber es finden sich auch Abschriften auf Leinentüchern, Mumienbinden, auf Leder, Holzsärgen und Sarkophagen, selten auch auf Tempeln. Auch Grabausstattungsobjekte wir Skarabäen und Uschebti sind häufig mit Sprüchen versehen ("Uschebti-Spruch").
Entdeckung
Der erste, der auf den uns heute vorliegenden Textkörper aufmerksam wurde, war Champollion, ein französischer Sprachwissenschaftler, der nach der geglückten Entzifferung der Hieroglyphen in den ägyptischen Sammlungen in Genf und Turin auf illustrierte Handschriften eines Begräbnisrituals stieß.
Zehn Jahre nach seinem Tod übersetzte Karl Richard Lepsius die Turiner Handschrift und schuf den Begriff "Totenbuch der alten Ägypter", der bis heute die übliche Bezeichnung ist. Der ägyptische Titel lautet übersetzt "Buch von Herausgehen am Tage".
Quellen:
HORNUNG, ERIK, Das Totenbuch der Ägypter, Artemis Verlag 1979.
FAULKNER, RAYMOND, The Ancient Egyptian Book of the Dead, British Museum Publications 1985
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen