Gebel Barkal: geheimnisvoller Berg im Herzen Afrikas, Zentrum magischer Rituale, Krönungsstätte der "schwarzen Pharaonen
Der Gebel Barkal liegt ca. 30 km entfernt vom 4. Nilkatarakt, im heutigen Sudan. An genau dieser Stelle fließt der Nil merkwürdigerweise "umgekehrt" - nämlich von NO nach SW. Er befindet sich am rechten Flussufer. Die Distanz zwischen Ufer und Berg beträgt 1,5 km.
Der altägyptische Name für dieses gewaltige Sandsteinmassiv von 104,48 m Höhe lautet "Pa-dschu-waab", was soviel bedeutet wie "der reine Berg". Der Gebel Barkal befindet sich auf über 360 m Seehöhe, was ihn zu allen Zeiten zur wertvollen Orientierungshilfe für Reisende machte, ist er doch schon von weitem in der kargen Landschaft sichtbar.
Vor seiner senkrechten Südwand befindet sich eine ca. 70 m hohe freistehende Felsnadel. In früheren Zeiten sah man in ihr die längst verwitterten Überreste einer kolossalen Statue. Neueren Forschungen zufolge ist das allerdings zumindest fraglich. Eine frühe Deutung sah in dem Berg den mystischen Urhügel selbst, der zu Beginn der Zeit aus der Urflut auftauchte und auf dem alles Leben geschaffen wurde. In ihm verborgen lebt der Gott Amun-Re von Napata. Eine andere Auslegung wollte in der Felsnadel Osiris sehen, der die weiße Krone Oberägyptens trägt.
Geschichte und Kult
Das älteste datierbare Denkmal am Gebel Barkal stammt von dem 6. altägyptischen König der 18. Dynastie Thutmosis III. (ca.1486-1425 v.Chr.) - eine Stele aus seinem 47. Regierungsjahr. Dieser König war militärisch überaus aktiv und erfolgreich. Unter seiner Herrschaft wuchs Ägypten zur Großmacht heran, vermutlich die erste in der Geschichte. Er eroberte Nubien und dehnte seinen Machtbereich bis zum Euphrat aus. Die Stadt Napata wurde von ihm gegründet und zum Verwaltungszentrum und gleichzeitig zur südlichen Grenze seines Reichs gemacht.
Der Hauptgott zu dieser Zeit war Amun, "der in dem reinen Berge wohnt". Der Gebel Barkal bildete das südliche Gegenstück zum Karnak-Tempel in Theben und blieb bis zur 20. Dynastie (ca.1186-1070 v. Chr.) das wichtigste religiöse Zentrum der Ägypter in Nubien. Mit dem dann einsetzenden Rückzug derselben aus dem Land verschwand dann der Amun-Kult. Nach 1000 v. Chr. herrschten lokale nubische Fürsten. Mit Gründung des Reichs von Kusch (ca. 750-300 v. Chr.) durch diese Fürsten kam es dann zu einer Wiederbelebung des Kultes und Napata stieg zur Hauptstadt des Kuschitenreiches auf.
Forschung
Die ersten Pläne und Zeichnungen der Gegend entstanden 1821 aus der Feder von Frederic Cailliaud, der als erster die Stelle als Napata bezeichnete. Er begleitete zu dieser Zeit die ägyptische Armee auf ihrem Sudan-Feldzug. 1842-1845 fanden dann die Grabungen des berühmten deutschen Ägyptologen Karl Richard Lepsius (1810-1884) statt.
Die wichtigste Expedition aber war die von George Andrew Reisner (1867-1942), einem weltbekannten amerikanischen Archäologen. In den späten 1980er-Jahren stellte dann Timothy Kendall im Auftrag des Boston Museums ausführliche Untersuchungen an.
Tempel und Pyramiden
Das wohl bekannteste Bauwerk am Gebel Barkal ist der große Tempel des Amun von Napata, mit der Fachbezeichnung B500. Dies war der vermutete Sitz des äthiopischen Orakels und der Hauptplatz für die Königskrönungen.
Außer Tempel und sonstigen Gebäuden wurden von G. A. Reisner auch noch 25 nubische Pyramiden ausgegraben. Hierbei kann man zwischen zwei Gruppen unterscheiden: eine im Süden, eine im Norden. Eine genaue Datierung ist schwierig, da bis auf eine Ausnahme keine Königsnamen gefunden wurden. Die Pyramiden wurden bereites durch K. R. Lepsius ausführlich beschrieben.
Quellen:
KENDALL, TIMOTHY, The Gebel Barkal Temples 1989 – 90, A Progress Report, Work of the Museum of Fine Arts, Boston, Sudan Mission.
REISNER, G. ANDREW, The Barkal Temples in 1916, JEA IV-VI, Published by The Egypt Exploration Fund, London 1917-18.
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