Teuflische Kreaturen oder Beschützer der Unschuldigen? Seltsame Wesen zwischen Göttern und Menschen - im Jenseits und in dieser Welt.
Eine eindeutige Beschreibung altägyptischer Dämonen nach uns bekannten Gesichtspunkten ist nicht möglich. Für den Ägypter der damaligen Zeit waren Dämonen Wesen zwischen Göttern und Menschen, ausgestattet mit Kräften, die den ihnen Begegnenden zur Hilfe gereichen oder sie vernichten. Sie fallen unter den allgemeinen Begriff „Götter“ und werden in hieroglyphischer Schrift auch mit einem diesbezüglichen Determinativ geschrieben.
Zahl und Aussehen
Die genaue Anzahl der existierenden Dämonen ist unbekannt, vermutlich ist sie unendlich. Ihr Aussehen ist variabel, tendiert allerdings zu unheimlichem oder bedrohlichem Aussehen, doch fehlt das bizarre und wilde, welches z. B. für ihre vorderasiatische Pendants charakteristisch ist.
Oft erscheinen sie tiergestaltig, wobei für Menschen gefährliche Tiere dominieren, wie z. B. Schlangen, Löwen oder Krokodile. Auch die Mischgestalt Mensch-Tier kommt vor, wobei menschliche Züge im Vordergrund stehen.
Attribute sind oft spitze Messer, an deren Stelle vielfach Schlangen treten und aus dem Mund tretende Feuerfunken. Auch symbolische Zeichen wie Szepter und Stäbe werden dargestellt.
Namen
Die Dämonen haben in der Regel keine individuellen Namen. Sie werden vielmehr durch ihre Eigenschaften oder Tätigkeiten definiert, wie z. B. „Blindgesicht“, „Weitschreitender“, „Scheitelpacker“ oder „Knochenbrecher“.
Systematisierung
Eine Systematisierung wie in anderen bekannten Kulturen erfolgte nie. Man unterscheidet lediglich zwischen Dämonen des Diesseits und Dämonen des Jenseits. Eine diesbezügliche Unterscheidung ist auch nicht final, besteht doch für diese Wesen natürlich die Möglichkeit, in beiden Welten zu agieren.
Die Jenseitsdämonen sind uns am besten bekannt. Ihre Aufgaben sind mannigfaltig. Man findet sie auf den dunklen Straßen der Unterwelt, sie stehen vor geheimnisvollen Toren und warten auf die Toten, um sie zu verschlingen und ihr Blut zu trinken, sie zu vertreiben und zu vernichten, wenn diese als „Unreine“ erkannt werden.
Sie tun dies nicht um ihrer eigenen Grausamkeit willen sondern in „höherem Auftrag“ - sie „reinigen“ die Unterwelt von Übeltätern. Dabei machen sie auch oft keinen Unterschied zwischen Menschen und Göttern.
Es gibt allerdings genau so Dämonen, die dem Toten zu Hilfe eilen und ihn vor Hunger oder Durst schützen, wie z. B. die sog. „Horussöhne“.
Die Dämonen des Diesseits sind weniger bekannt, man weiß aber, dass sie überall unsichtbar ihr Unwesen treiben. Durch Schlagen mit Zweigen kann man die Luft allerdings von ihnen reinigen.
Ihre Domäne ist die Nacht, sie scheuen das Licht. Die aufgehende Sonne vertreibt sie, auch zum Schutz entzündete Fackeln schlagen sie in die Flucht.
Im Alltagsglauben verhaftet ist eine große Anzahl kleiner Dämonen, häufig auch dem Menschen freundlich gesinnt. Ihr Aussehen ist oft nilpferdgestaltig (weiblich) oder zwerghaft (männlich). Sie beschützen den Schlaf des Gerechten vor bösen Mächten und stiegen manchmal zu „Volksgöttern“ auf, denen man gern vertraute.
Quellen:
BONNET, HANS, Lexikon der ägyptischen Religionsgeschichte, Nikol Verlag, Hamburg 2000.
BUDGE, E. A. WALLIS, The Egyptian Book of the Dead, Penguin Books 2008.
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